SCHNELLAUSWAHL

Team

Klinik

Medizin

Aktuelles/Karriere

Zentren

Aktuelles
Aktuelles

S3-Leitlinie zum Harnblasenkrebs

Das Urothelkarzinom der Harnblase gehört zu den häufigsten Tumoren im Urogenitaltrakt. Mit jährlich knapp 29.500 Neuerkrankungen in Deutschland ist das Harnblasenkarzinom der zweithäufigste Tumor in der Urologie.

Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 72 - 73 Jahren und Männer sind mehr als dreimal so häufig betroffen wie Frauen. Angesichts der aktuellen demografischen Entwicklung ist mit einer weiteren Zunahme der Neuerkrankungsrate zu rechnen.

Bislang gab es für diese bedeutende Krebsart keine hochwertige nationale Leitlinie. Ende des Jahres 2016 hat das Leitlinienprogramm Onkologie nun erstmals eine S3-Leitlinie zur Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms vorgelegt. Die insgesamt über 226 Empfehlungen umfassende Leitlinie entstand durch die Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) und der Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft BlasenCarcinom der DKG e.V. (IABC). Sie gründet auf der sorgfältigen systematischen Recherche, Auswahl und Bewertung der wissenschaftlichen Belege zu den relevanten klinischen Fragestellungen und füllt damit eine große Lücke.

Der nachfolgende Text gibt eine Übersicht über die aktuellen Leitlinienempfehlungen zur Diagnostik des oberflächlichen und des in die Blasenmuskulatur eingewachsenen (muskelinvasiven) Harnblasenkrebses:

Bildgebende Diagnostik bei Erstbefund eines oberflächlichen Blasentumors (NMIBC)

Die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von synchronen Malignomen des oberen Harntrakts bei Erstdiagnose eines oberflächlichen Blasentumors (NMIBC) ist gering und liegt insgesamt zwischen 0,3–2,3%. Zur weiteren Diagnostik sollte daher keine weitere Diagnostik durchgeführt werden:

Konsensbasierte Empfehlung

„Beim Erstbefund eines nicht-invasiven Harnblasenkarzinoms (NMIBC) sollte routinemäßig außer Sonographie keine bildgebende Abklärung des oberen Harntrakts erfolgen.“

Liegt der Tumor jedoch im Bereich des Trigonum, so besteht laut einer multivariaten Analyse ein 6-fach höheres Risiko für synchrone Tumore der oberen Harnwege und die Inzidenz eines Malignoms des oberen Harntrakts steigt auf 7% an. Die Lokalisation im Bereich des Trigonum konnte somit als statistisch unabhängiger Prognosefaktor identifiziert werden. Eine erhöhte Inzidenz von Zweittumoren des oberen Harntraktes zeigt sich zudem bei Vorliegen von multifokalen Harnblasenkarzinomen sowie High-risk-Tumoren:

Konsensbasierte Empfehlung

„Bei Erstdiagnose eines NMIBC sollte bei einer Tumorlokalisation im Bereich des Trigonums und/oder bei multiplen Tumoren und/oder bei High-grade-Tumoren eine Bildgebung des oberen Harntrakts erfolgen.“

Das mehrphasige CT mit Kontrastmittel mit CT-Urographie stellt inzwischen den Standard in der Darstellung der Harnwege dar. Diese Untersuchung zeichnet sich durch hohe Genauigkeit des T-Stagings eines Blasenkarzinomes (55 bis 92%) sowie durch hohe Detektionsraten von Urothelkarzinomen im oberen Harntrakt (Sensitivität 67 - 89% / Spezifitäten 96 - 98%) aus. Auch bei negativer urologischer Primärdiagnostik einer Mikrohämaturie (inklusive IUG und Zystoskopie) kann die CT-Urographie in 45% der Fälle dennoch eine Ursache diagnostizieren.

Die MRT mit Kontrastmittel und MR-Urographie stellt trotz etwas schlechterer örtlicher Auflösung und weniger Studien mit kleineren Studienkollektiven ebenso wie das Ausscheidungsurogramm mit seiner zwar geringeren Strahlenexposition, aber auch geringeren Treffsicherheit zur Detektion von Zweitmalignomen der oberen Harnwege, dennoch eine Alternative zur CT-Urographie dar:

Konsensbasierte Empfehlung

„Wenn eine bildgebende Abklärung des oberen Harntraktes bei Vorliegen eines nicht-muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms (Primärbefund oder Rezidiv) indiziert ist, dann sollte eine CT-Urographie durchgeführt werden.“

Konsensbasierte Empfehlung

„Alternativ zur CT-Urographie können ein MRT mit mehreren Untersuchungszeitpunkten vor und nach Kontrastmittelapplikation oder ein Ausscheidungsurogramm (AUG) durchgeführt werden.“

Bildgebende Diagnostik bei Erstbefund eines muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms

Vor einer entsprechenden Therapie sollte eine weitere Bildgebung zur Erkennung von synchronen Zweittumoren der oberen Harnwege, zur Erfassung von Invasionstiefe, lokaler Umgebungsinfiltration, regionärer Lymphadenopathie und Fernmetastasierung erfolgen. Dieses sind bedeutsame Kriterien für die Prognose und haben Einfluss auf die weitere Behandlung.

Dabei ist die CT-Urographie bei muskelinvasiven Harnblasenkarzinom dem MRT und dem IUG überlegen und stellt die Standard-Untersuchungsmethode dar.

Eine Skelettszintigraphie sollte aufgrund der geringen Inzidenz von Knochenmetastasen bei der Primärdiagnose eines muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms (zwischen 2% und 12%) nicht routinemäßig erfolgen. Vielmehr wird diese Untersuchung nur bei Anhalt auf ossäre Absiedlungen wie bei Knochenschmerzen oder unklarer Erhöhung der Alkalischen Phosphatase (AP) empfohlen.

Konsensbasierte Empfehlung

„Bei Patienten mit einem muskelinvasiven Harnblasen­karzinom soll eine Computer­tomo­graphie (CT) des Abdomens (mit CT-Urographie), des Beckens und des Thorax mit Kontrast­mittel durchgeführt werden. Statt einer CT des Beckens kann ein MRT des Beckens erfolgen. Ein kraniales CT oder eine Knochen­szinti­graphie sollen nur bei klinischer Symptomatik und/oder auffälligen diagnostischen Befunden erfolgen.“

Referenzen:

Christe et al. Dreiphasen-Multislice-Computed-Tomography- Urographie (MSCT-U). Nachweis von urologischen Tumoren. Schweiz Med Forum. 2008

Goessl et al. Is routine excretory urography necessary at first diagnosis of bladder cancer? J Urol. 1997

Herranz-Amo et al. Need for intravenous urography in patients with primary transitional carcinoma of the bladder? Eur Urol. 1999

Kunath et al. Bladder cancer--the neglected tumor: a descriptive analysis of publications referenced in MEDLINE and data from the register ClinicalTrials.gov. BMC Urol. 2013

Millan-Rodriguez et al. Upper urinary tract tumors after primary superficial bladder tumors: prognostic factors and risk groups. J Urol. 2000

Palou et al. Multivariate analysis of clinical parameters of synchronous primary superficial bladder cancer and upper urinary tract tumor. J Urol. 2005

Robert Koch Institut, u.d.G.d.e.K.i.D.e.V., Krebs in Deutschland. 2015

S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. Langversion 1.0 – September 2016

Van Der Molen et al. CT urography: definition, indications and techniques. A guideline for clinical practice. Eur Radiol. 2008