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CARMENA – Das Ende der zytoreduktiven Tumornephrektomie?

Das Nierenzellkarzinom gehört mit etwa 15 000 Neuerkankungen im Jahr zu den 10 häufigsten Krebsdiagnosen in Deutschland. Aufgrund der vermehrt eingesetzten bildgebenden Verfahren wie Kernspin- und Computertomographie werden auch kleine Tumore heute sehr früh entdeckt.

Noch immer werden jedoch ca. 15% der Nierentumore erst im bereits metastasieren Stadium diagnostiziert. Die Leitlinien empfehlen hier die sog. „zytoreduktive Tumornephrektomie“ (operative Entfernung der Niere), um mit dem Muttergeschwür auch die Anzahl der Krebszellen und somit die gesamte Krebslast im Körper zu verringern. Zusätzlich erhalten die Patientinnen und Patienten eine Immuntherapie mit Substanzen, welche das Wachstum der Krebszellen verhindern soll.

Die CARMENA-Studie, welche 2018 publiziert wurde, untersuchte nun, ob die alleinige Immuntherapie mit dem Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) Sunitinib gegenüber der Operation mit anschließender Immuntherapie vergleichbare Ergebnisse erzielt. Sie soll zeigen, welche Patienten überhaupt von der Operation profitierten und welche nicht.

Zwischen 2009 und 2017 wurden 450 Personen in die Studie eingeschlossen, in zwei Gruppen randomisiert und über durchschnittlich 51 Monate nachbeobachtet. Auffällig war, dass in beiden Armen über 40% der Probanden aufgrund ungünstiger laborchemischer Parameter der schlechten Prognosegruppe zuzuordnen waren und eine sehr hohe Tumorlast in den Metastasen hatte.

Insgesamt zeigte sich, dass sowohl das Gesamtüberleben (18,4 vs. 13,9 Monate) sogar einen minimalen Vorteil für die Nichtoperierten zeigte, der jedoch statistisch nicht signifikant war. In der intermediären Risikogruppe (23,4 vs. 19 Monate) und der schlechten Risikogruppe (13,3 vs. 10,2 Monate) war ebenfalls kein Nachteil für die Nicht-Operierten zu sehen.

Die Autoren schlussfolgerten daraus, dass Patienten in der schlechten Risikogruppe aufgrund der ungünstigen Prognose mit einer zu erwarteten restlichen Lebenszeit unter einem Jahr nicht von der Operation profitieren. Bei den intermediären Patienten sollte diese dann ggf. erst nach Ansprechen auf die Immuntherapie erfolgen. Diese Erkenntnisse wurden dann in die europäischen EAU-Leitlinien übernommen.

Kritisch an dieser Studie ist jedoch anzumerken, dass der TKI-Inhibitor Sunitinib das Erstlinien-Medikament nur in der guten Prognosegruppe darstellt. Neue Medikamente und deren Kombinationen aus der Gruppe der mTOR-Inhibitoren oder die neueste Generation der Checkpointinhibitoren (PD(L)-1 oder CTLA4-Antikörper) zeigten ein deutlich besseres Ansprechen mit z.T. signifikanter Verlängerung des Überlebens und des progressionsfreien Überlebens. In etwa 10% der Fälle wurde sogar eine komplette Remission erzielt. Bei Subgruppen mit entsprechend „günstigem“ Rezeptorstatus sogar noch bessere Ergebnisse bei zugleich besserer Verträglichkeit. Mehrere Studien laufen diesbezüglich aktuell, einzelne Studien wurde im März 2019 bereits veröffentlicht, was sicherlich auf die Leitlinien Auswirkungen haben wird.

Ebenfalls ist anzumerken, dass die Studienarme zum Teil starke Fehlerquellen beinhalteten. So erhielten 17% des Immuntherapie-Arms dennoch eine zeitlich verzögert eine Nierentumorentfernung, 7% des Nephrektomie-Arms wurden doch nicht operiert und 5% erhielten nicht das Medikament Sunitinib.

Somit kann keinesfalls vom Ende der zytoreduktiven Tumornephrektomie als Teil des multimodalen Konzeptes gesprochen werden. Durch die CARMENA-Studie konnte aber gezeigt werden, dass nicht alle Patientinnen und Patienten von einer Operation profitieren. Ein Teil des Patientenkollektives (v.a. ältere, multimorbide, Oligometastasierte z.B. Tochterzellen im Gehirn) ist daher von einer Operation eher abzuraten. Durch die neueren Checkpoint-Inhibitoren wird jedoch die Therapielandschaft aufgrund der verbesserten Ansprechraten neu aufgerollt. Deren Stellenwert – auch im Zusammenhang mit einer Operation – muss durch Studien noch genau evaluiert werden.

Quellen:

Grimm MO. Die zyoreduktive Tumornephrektomie – ein Auslaufmodell?. Der Urologe. 2019; 58:51-2

Méjean A et al. Sunitinub alone or after nephrectomy in metastatic renal-cell carcinoma. N Engl J Med. 2018.; 379(5):417-24