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Chemotherapie beim muskelinvasiven Urothelkarzinom der Harnblase

Das Urothelkarzinom der Harnblase (Blasenkrebs) ist mit ca. 30.000 Neuerkrankungen pro Jahr nach dem Prostatakarzinom der zweithäufigste urologische Tumor. Wie bei allen Tumorerkrankungen ist eine frühe Diagnosestellung zur optimalen Therapie entscheidend und wünschenswert. Derzeit werden jedoch noch ca. 25% der Blasentumore erst in einem fortgeschrittenem Stadium entdeckt. Hierunter fallen die Tumore, die bereits in die Muskelwand der Blase oder sogar darüber hinaus in die Umgebung der Blase eingewachsen sind oder bereits gestreut (d.h. Lymphknoten- oder Fernmetastasen gebildet) haben. Bei lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Blasentumoren liegt die 5-Jahres-Überlebensrate nur noch bei ca. 36-48%. Daher ist die Behandlung dieser Tumore Gegenstand intensiver Forschung.

Bei einem muskelinvasiven Harnblasenkarzinom ist die radikale Zystektomie, also komplette Entfernung der Harnblase, die Therapie der Wahl. Bei metastasierten Tumoren (in Lymphknoten oder Fernmetastasen) sowie organüberschreitenden Tumoren ist zudem die anschließende Durchführung einer Chemotherapie (sog. adjuvante Chemotherapie) etabliert. Eine Chemotherapie besteht hierbei in der Regel aus eine platin-haltigen Substanz (Cisplatin). Die Zellgifte werden dabei über eine punktierte Vene in den Blutkreislauf gebracht und greifen alle sich schnell teilenden Zellen an. Dazu gehören Tumorzellen, aber auch andere Zellen des Körpers, die einer schnellen Erneuerung unterliegen. Somit erklären sich auch die bekannten Nebenwirkungen der Chemotherapie. Die Haarwurzelzellen, Darmzellen und Blutzellen sind dabei besonders betroffen. Moderne Begleitmedikamente können die Nebenwirkungen einer Chemotherapie deutlich reduzieren. Bei noch fitten und gesunden Patienten stellt sich seit einiger Zeit die Frage, ob es auch sinnvoll sein kann, die Chemotherapie vor der Operation durchzuführen, um den Tumor bereits zu verkleinern und mögliche Metastasen zu bekämpfen. Die Frage des Zeitpunkts der Chemotherapie, also ob diese vor oder nach einer Operation erfolgen soll, wird derzeit unter Experten rege diskutiert.
Derzeit wird die neoadjuvante Chemotherapie (d.h. die Chemotherapie vor einer Operation) noch relativ selten eingesetzt. Die Gründe für einen zurückhaltenden Einsatz der neoadjuvanten Chemotherapie sind einerseits die Sorge vor einem Nicht-Ansprechen der Chemotherapie und daraufhin Fortschreiten der Erkrankung, die Angst vor einer Übertherapie sowie erschwerte Möglichkeiten des Therapiemonitorings. Eine neoadjuvante Chemotherapie besteht aus den gleichen Substanzen wie bei der adjuvanten Chemotherapie und wird in der Regel über 3-4 Zyklen verabreicht, wobei ein Zwischenstaging nach 2 Zyklen stattfindet, um den Erfolg der Therapie zu beurteilen. Die Vorteile einer adjuvanten Chemotherapie sind, dass die Operation nicht verzögert wird und anhand des Operationspräparats ein genaueres Tumorstadium festgelegt werden kann. Allerdings sind nach einer Operation weniger Patienten für eine Chemotherapie geeignet als vor einer Operation, sodass viele Patienten nicht mehr von einer Chemotherapie profitieren können. Zudem hat sich in Studien gezeigt, dass vor allem Patienten mit größeren Blasentumoren sowie initialem Verdacht auf ein organüberschreitendes Wachstum und/oder Lymphknotenmetastasen besonders von einer neoadjuvanten Chemotherapie profitieren. Derzeit wird intensiv daran geforscht, welche Therapie für welchen Patienten am besten geeignet ist im Sinne der individualisierten Medizin. Hierbei ist die Erforschung der genauen Tumorbiologie essentiell und wird in der Zukunft weitere Erkenntnisse bringen. Generell haben aber sowohl die neoadjuvante als auch adjuvante Chemotherapie im Rahmen des muskelinvasiven Urothelkarzinoms einen Überlebensvorteil gezeigt und führen zu einer Reduktion der Gesamtmortalität (Sterblichkeit) von 14-26%.

Seit einigen Jahren haben auch Immuntherapeutika Einzug in die Therapie des Urothelkarzinoms erhalten. Hierbei konnte in Studien ein Benefit dieser neueren Medikamente gezeigt werden. Sog. Checkpoint-Inhibitoren zählen zu den zielgerichteten Medikamenten und greifen in die Steuerung der Immunantwort gegen Tumore ein. Derzeit werden diese Medikamente im Rahmen von Studien für den neoadjuvanten Einsatz vor einer Operation getestet. Erste Studienergebnisse liefern bereits vielversprechende Ergebnisse, v.a. auch auf Grund der geringen Nebenwirkungen. Bei metastasierten Patienten nach einer Operation dürfen diese teilweise schon eingesetzt werden abhängig von einem Faktor in der Tumorbiologie (sog. PD-L1-Status). Als Zweitlinientherapie, also nach Abschluss einer Chemotherapie und dennoch Fortschreiten der Erkrankung, wurden diese Medikamente bereits umfassend getestet und konnten ein Überlebensvorteil zeigen. Man kann sicher sein, dass sich dadurch auch in den kommenden Jahren die Behandlung des Urothelkarzinoms weiter entwickeln und positiv verändern wird. Multimodale Konzepte in der Therapie des fortgeschrittenen Urothelkarzinoms sind daher sehr wichtig und sollten mit allen Patienten individuell besprochen werden.

Quellen:

www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/032-038ol_k_S3_Harnblasenkarzinom_2016-12.pdf

www.krebsinformationsdienst.de/fachkreise/nachrichten/2015/fk7-pd1-hemmer-bei-krebspatienten.php
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https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/blasenkarzinom-urothelkarzinom/@@view/html/index.html