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Diagnostik und Therapie des Peniskarzinoms

Das Peniskarzinom ist mit einer Inzidenz von etwa einer Neuerkrankung pro 300 000 Männern pro Jahr in Europa eine seltene Tumorentität. Zu den etablierten Risikofaktoren für die Entstehung eines Peniskarzinoms gehören chronische Entzündungen (diese können beispielsweise bakteriell verursacht sein oder auf Grund eines Lichen sclerosus bestehen), eine Vorhautverengung, Nikotinkonsum, sowie eine Infektion mit bestimmten Subtypen der humanen Papilloma Viren (HPV).
Histologisch wird das Peniskarzinom in HPV-assoziiert und nicht HPV-assoziiert unterteilt. Überwiegend handelt es sich um nicht HPV-assoziierte Plattenepithelkarzinome, eine Assoziation des Peniskarzinoms zu einer HPV Infektion besteht nur in etwa einem Drittel der Fälle. Da das Peniskarzinom durch eine sehr frühe lymphogene Metastasierung ausgezeichnet ist, kommt in der Diagnostik und Therapie dem Lymphknotenmanagement eine besondere Bedeutung zu und das Vorhandensein oder Fehlen von Lymphknotenmetastasen gilt als wichtigster prognostischer Faktor.

Die stadiengerechte Therapie des Primärtumors richtet sich dann nach der lokalen Tumorausbreitung (TNM-Klassifikation) und stützt sich in erster Linie auf die chirurgische Sanierung des Primärtumors und der Lymphknotenmetastasen. Die organerhaltende Therapie weist eine geringe Rate an Lokalrezidiven auf, sodass der Organerhalt stets anzustreben ist. Hierbei sollte ein Sicherheitsabstand zum gesunden Gewebe von 1mm eingehalten werden. Bei präoperativ uneindeutigen Befunden kann eine ergänzende Kernspintomografie hilfreich sein, um die Möglichkeit des Organerhaltes einschätzen zu können. Bei positivem Schnittrand nach organerhaltender Operation soll in jedem Fall eine Nachresektion durchgeführt werden.

Generell gilt für die operative Therapie des Primärtumos: je fortgeschrittener der Tumor desto radikaler muss das angewandte OP Verfahren ausfallen. Während sehr oberflächliche und lokal begrenzte Tumoren (pTa/ pTis) auch mittels Laserverfahren, topischer Chemotherapie oder einer oberflächlichen Entfernung der Haut behandelt werden können, kommen bei fortgeschrittenen oder aggressiv wachsenden Tumoren in Abhängigkeit von der Lokalisation und Ausdehnung des Tumors unterschiedlich radikale Verfahren zur Anwendung. Die Möglichkeiten reichen von einer lokale Exzision über eine teilweise oder vollständige Entfernung der Eichel bis hin zu Penisteilamputation oder vollständiger Penisentfernung bei sehr ausgedehntem Befund.
Eine lokale Strahlentherapie kann bei wenig fortgeschrittenen Tumoren als organerhaltende Therapie durchgeführt werden. Die Brachytherapie ist hier in Bezug auf die lokale Tumorkontrolle und die Gesamtprognose der perkutanen Strahlentherapie überlegen. Vor Strahlentherapie ist aber eine Beschneidung der Vorhaut auch bei primär nicht erkrankter Vorhaut erforderlich.

Für ein suffizientes Lymphknotenmanagement gibt es klare Empfehlungen. Hier richtet sich das therapeutische Vorgehen nach dem klinisch erhobenen Lymphknotenstatus (Unterscheidung in nicht auffällig tastbare =cN0, auffällig tastbare oder fixierte Leistenlymphknoten). Im klinischen Stadium cN0 finden sich in 15-30 % der Fälle Mikrometastasen, die einer konventionellen Röntgendiagnostik einschließlich CT, PET-CT, und MRT nicht zugänglich sind. Um diese Mikrometastasen nicht zu übersehen benötigen alle Patienten mit einem Tumorstadium ≥ pT1G2 und nicht palpablen Lymphknoten ein invasives Lymphknotenstaging. Dies beinhaltet entweder eine teilweise diagnostische Entfernung der Leistenlymphknoten (modifizierte inguinale Lymphadenektomie) oder eine dynamische Sentinelnode Biopsie. Werden hier Lymphknotenmetastasen nachgewiesen oder liegen bereits tastbar vergrößerte Metastasen vor, dann sollte sich im Rahmen eines kurativen Therapiekonzeptes eine radikale Entfernung auch der seitlichen Leistenlymphknoten anschließen. Bei Vorliegen von mehr als einer Lymphknotenmetastase sollten ebenfalls die Lymphknoten im Becken entfernt werden.

Bei sehr fortgeschrittenen Tumoren mit ausgedehnter Lymphknotenmetastasierung soll nach histologischer Sicherung eine präoperative (neoadjuvante) Chemotherapie erfolgen, die unter Umständen die lokale Resektabilität verbessern kann. Bei gutem Therapieansprechen sollte nach vier Zyklen dann die Operation erfolgen.
Eine postoperative (adjuvante) Chemotherapie kann bei Patienten mit mindestens zwei Lymphknotenmetastasen oder auch sehr aggressiv wachsendem schlecht differnziertem Primärtumor zur Operation erfolgen.

Der Stellenwert einer postoperativen Strahlentherapie bei inguinalem/ pelvinem Lymphknotenbefall ist nicht ausreichend in Studien untersucht worden.

Unabhängig vom Stadium der Erkrankung sollten Patienten auf Grund der Schwere der Erkrankung, der Invasivität der Therapiemaßnahmen und der damit einhergehenden hohen psychischen Belastung stets auch psychoonkologisch angebunden und begleitet werden.

Quellen:

  • Richard Kutschke, Prof. Dr. med. habil. Oliver W. Hakenberg, Prof. Dr. med. Chris Protzel, Uro-News, Ausgabe 3/2022;
  • Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Peniskarzinoms, Langversion 1.0, 2020, AWMF Registernummer: 043-042OL, www.leitlinienprogramm-onkologie.de/..., (abgerufen am 28.06.2022)
  • Hakenberg OW, Dräger DL, Erbersdobler A, Naumann CM, Jünemann KP, Protzel C: The diagnosis and treatment of penile cancer. Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 646–52. DOI: 10.3238/arztebl.2018.0646