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Aktive Überwachung beim kleinen bösartigen Nierentumor

Die leitliniengemäße Therapiemethode des bösartigen Nierentumors ist die operative Teil- bzw. Komplettentfernung der Raumforderung. Darüber hinaus stellen die Kryotherapie sowie Radiofrequenzablation weitere auf den Tumor begrenzte Therapieoptionen dar.

Unter bestimmten Bedingungen kann ein bösartiger Nierentumor auch aktiv überwacht werden, „Active Surveillance“ genannt. Hierbei erfolgen regelmäßige Verlaufskontrollen. Erst bei Patientenwunsch oder Voranschreiten des Tumors kann eine heilende Therapiemethode in Form einer Operation eingeleitet werden.

Zu unterscheiden ist diese Therapiemethode vom „Watchful waiting“, dem Zuwarten. Hier kommt erst eine Therapie zum Tragen, wenn der Tumor durch seine Größenzunahme Symptome bzw. Komplikationen verursacht und/oder die Lebensqualität des Patienten eingeschränkt wird.

Die Einschlusskriterien für die Active Surveillance-Therapiemethode sind in den Leitlinien nicht exakt definiert. Prinzipiell kommen vor allem Patienten mit kleinen Nierentumoren, d.h. unter 4 cm, in Frage. Des Weiteren sind die Selektionskriterien neben dem Patientenwunsch vor allem ein erhöhtes Lebensalter, eine verkürzte Lebenserwartung oder auch wesentliche Nebenerkrankungen, die zu einem erhöhten Narkose- bzw. Operationsrisiko führen.

Vor Beginn einer Active Surveillance-Therapie kann eine Probenentnahme des Nierentumors (Biopsie) über die Haut Ultraschall- oder Computertomographisch-gesteuert erfolgen. Anhand des Tumorgewebes kann der Pathologe feststellen, ob es sich um einen gut- oder bösartigen Nierentumor handelt und bei bösartigen Tumoren die Tumorart und Aggressivitätsstufe (Grading) bestimmen. Bei Patienten in gutem Allgemeinzustand, jungem Alter und niedrigen bis moderatem Narkoserisiko sollte allerdings zur Abklärung einer auffälligen Nie-renraumforderung die operative Tumorentfernung und nicht die Nierenbiopsie, weiterhin die erste Wahl darstellen.

Gegenwärtiger Bestandteil umfangreicher Forschungen ist es, die Methode der sogenannten „flüssigen Biopsie“ (liquid biopsy), zu entwickeln. Diese soll im Blut nicht die Tumorzellen selbst, sondern deren Bestandteile (Biomarker), wie DNA-Fragmente, aufspüren. Dies setzt allerdings voraus, dass man die genauen Charakteristika der Nierentumore kennt („Molekulares Profiling“). Da 42 unterschiedliche Subtypen von Nierentumoren existieren, wird hier die Schwierigkeit des Verfahrens und der Bedarf nach weiterer Forschung klar.

Die Schwierigkeit der Active Surveillance stellen die Verlaufskontrollen dar. Im Vergleich zum bösartigen Prostatatumor gibt es beim bösartigen Nierentumor keine Tumormarker wie den PSA-Wert (Prostata-Spezifisches Antigen). Zudem ist der Zeitpunkt einer erneuten Probenentnahme des Nierentumors auch nicht definiert. Des Weiteren gibt es auch keine genauen Richtlinien, in welchen Intervallen und mit welchen Methoden die Verlaufskontrollen stattfin-den sollen.

Aktuell orientiert man sich daher an Studienergebnissen, die zeigen, dass besonders kleine Tumore eine geringe Wachstumsrate (4-5mm/Jahr) und ein sehr geringes Potenzial (< 1-2%) haben, Tochtergeschwülste zu bilden.

Auf dem aktuellen Stand der Forschung basierend, muss man festhalten, dass die Active Surveillance-Therapie nur für Patienten mit einem kleinen Nierentumor (< 4 cm), höherem Lebensalter, wesentlichen Nebenerkrankungen, die ein erhöhtes Narkoserisiko mit sich brin-gen, und begrenzter Lebenserwartung als Alternative zur operativen Entfernung in Frage kommt. Man benötigt noch weitere Studien, um die oben genannten offenen Fragen zur Verlaufskontrolle und Patientenselektion beantworten zu können, da diese in den aktuellen Leitlinien fehlen. Demnach bedarf es bei der Auswahl der geeigneten Patienten eine ausführliche Risiko-Nutzen-Abwägung.

Literatur:

S3-Leitlinie, „Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Nierenzellkarzinoms“, 2017

Doehn Christian, „ Aktive Überwachung kleiner Nierentumoren: weniger ist mehr!“, Uronews 2018 ; 22(6); Seiten 32-35

Wunderlich Heiko, Störkel Stephan, „Die Nierentumorbiopsie aus Sicht des Klinkers und des Pathologen“, Uronews 2018 ; 22(6), Seiten 22-27