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Optimale Therapiesequenz beim metastasierten Prostatakarzinom

Die Therapie des metastasierten Prostatakarzinoms ist weltweit ein Gegenstand intensiver Forschungstätigkeit. Eine Heilung kann im Stadium einer metastasierten, das heißt in andere Organe oder entfernte Lymphknoten streuender Erkrankung, den Betroffenen leider nicht in Aussicht gestellt werden. Jedoch haben die Erkenntnisse der letzten Jahre die Behandlung des metastasierten Prostatakarzinoms revolutioniert und die Prognose deutlich verbessert.

Die Zellen des Prostatakrebses bekommen ihren Wachstumsreiz vom männlichen Sexualhormon Testosteron. Zu Beginn der Erkrankung ist es zumeist möglich, den Tumorzellen diesen Reiz über eine operative oder medikamentöse Unterdrückung der Testosteronproduktion zu entziehen, eine sogenannte Androgenblockade. In diesem Fall spricht man von einem hormonsensitiven Prostatakarzinom, da es auf eine Behandlung mit Hormonen anspricht. Jahrzehntelang war eine alleinige antiandrogene Hormontherapie der Standard in der Behandlung des metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinoms. Studien der letzten Jahre zeigen allerdings, dass Patienten mit einer solchen Erkrankung davon profitieren, wenn sie zeitgleich auch eine Chemotherapie (mit dem Zytostatikum Docetaxel) oder eines der neuen, auch als sekundäre Hemmer der Testosteronproduktion genannten Mittel erhalten (z.B. Abirateron). Die Chemotherapie tötet die Tumorzellen direkt ab, Abirateron reduziert über die selektive Hemmung eines Enzyms (CYP17) die Testosteronkonzentration und senkt diese dadurch weit unter das sogenannte Kastrationsniveau. Unter einer Kombinationstherapie bleibt die Erkrankung – statistisch gesehen - länger im Wachstumsstillstand und die Patienten leben länger, als wenn sie eine alleinige Hormontherapie erhalten. Da beide Behandlungsregime sich durch verhältnismäßig gute Ergebnisse auszeichnen, werden sie von den Fachgesellschaften (u. a. European Association of Urology, Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie der DKG) zunehmend als Standard empfohlen.

Welche der beiden Zusatztherapien für welche Patienten und zu welchen Zeitpunkt am besten geeignet ist, bleibt vorerst ungeklärt. Es sollte daher eine individuelle Entscheidung in Abhängigkeit von möglichen Nebenwirkungen, Begleiterkrankungen und nicht zuletzt des Wunsches des informierten Patienten getroffen werden. Kommt es unter einer suffizienten antihormonellen Therapie trotz Testosteronunterdrückung zum Fortschreiten des Prostatakarzinoms, so bedeutet es, dass der Krebs widerstandsfähig gegenüber einer Hormonbehandlung ist. Man spricht von einem kastrationsresistenten Prostatakarzinom. In diesem Fall muss das Wachstum des Tumors auf einem anderen Weg verhindert werden. Für Patienten, die bis zu diesem Zeitpunkt eine alleinige Hormontherapie erhalten haben, ist nun eine Chemotherapie mit Docetaxel oder eine Behandlung mit dem erwähnten sekundären antihormonellen Wirkstoff (Abirateron, Enzalutamid) angezeigt. Bei beschwerdefreien Patienten soll laut der Deutschen Leitlinie das Abirateron aufgrund seines günstigen Nebenwirkungsprofils bevorzugt werden. Davon abgesehen bleibt auch hier aufgrund fehlender direkter Vergleichsstudien die Empfehlung aus, welche Substanz zu welchem Zeitpunkt am besten geeignet ist. Bei fehlendem Ansprechen oder Rückfall, nach o.g. Therapien, kann zwischen den einzelnen Substanzen gewechselt werden. Nach Docetaxel zeigt sich die Nachbehandlung mit dem Chemotherapeutikum Cabazitaxel als die wirksamste Behandlungssequenz.

Laut neuen Studienergebnissen leidet die Lebensqualität der Betroffenen unter Einsatz dieses zweiten Chemotherapeutikums nicht weiter, und das selbst bei älteren Patienten.

Liegen nur Knochenmetastasen vor, ist auch der primäre Einsatz von Alpharadin gerechtfertigt – vor oder nach der Chemotherapie. Alpharadin ist ein Radionuklid, das sich nach intravenöser Gabe in den Knochen anreichert und durch seinen Zerfall eine alpha-Strahlung aussendet. Diese führt schlussendlich zum Abtöten der Tumorzellen im Knochen. Das Medikament verlängert nicht nur das Überleben, sondern verringert die Schmerzen und Komplikationen, die die Knochenmetastasen verursachen und steigert damit deutlich die Lebensqualität der Betroffenen.

Die Therapieoptionen beim metastasierten, hormonresistenten Prostatakarzinom sind vielfältig und alle erwähnten Substanzen (mit Ausnahme des Cabazitaxel) werden mitunter von verschiedenen Fachgremien als Therapeutika der ersten Wahl angesehen. Umstritten bleibt teilweise, welche Therapieoptionen bei welchen Patienten und zu welchem Zeitpunkt bevorzugt angewendet werden sollten. Eine individualisierte Herangehensweise mit Berücksichtigung zahlreicher Faktoren wie Allgemeinzustand, Lebensalter, weitere vorliegende Erkrankungen, zu erwartende Nebenwirkungen aber auch Erwartungen und Wünsche des Patienten spielen in diesem Kontext eine besonders große Rolle.

Studien:

Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms, Langversion 4.0, 2016

EAU-ESTRO-ESUR-SIOG guidelines on prostate cancer, 2017

Inter Medical Report. Prostatakrebs: Richtigen Zeitpunkt für die Chemotherapie nicht verpassen. Aktuelles zur optimalen Behandlungssequenz bei metastasierter Erkrankung. In: Inter Medical Sonderpublikationen, Medical Tribune Onkologie 06/2017 - 27608

Ohlmann CH, Miller K, Gschwend J: Androgendeprivation plus Abirateron/Prednison beim metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinom. Gemeinsame Stellungnahme des Arbeitskreises Onkologie und der Arbeitsgemeinschaft urologische Onkologie. In: Der Urologe 09/2017. S. 1185-1186

Winter BM, Rundstedt FC, Grimm MO: Alpharadin-Therapie bei Patienten mit metastasiertem kastrationsrefraktärem Prostatakarzinom. In: Der Urologe 11/2017. S. 1435-1439