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Hochrisiko Prostatakarzinom – wenn bestrahlen, dann intensiv!

Das Prostatakarzinom ist mit 25,4 % aller diagnostizierten Krebserkrankungen die häufigste Krebserkrankung des Mannes in der Bundesrepublik Deutschland. Jährlich erkranken etwa 60.000 Männer in Deutschland neu an diesem Tumor. Bei den tödlich verlaufenden Tumorerkrankungen bei Männern steht das Prostatakarzinom mit 11,3 % in Deutschland an zweiter Stelle, bei der Betrachtung aller Todesursachen mit 3,1% an sechster Stelle. Insbesondere steigt der Anteil früher Stadien. Diese Stadienverschiebung wird auf die Bestimmung des Tumormarkers PSA (Prostataspezifisches Antigen) zurückgeführt. Insgesamt tragen ca. 40 % der männlichen Bevölkerung in den westlichen Industrieländern das Risiko, im Laufe ihres Lebens ein Prostatakarzinom zu entwickeln. Daher ist das Prostatakarzinom in der Urologie von besonderer Bedeutung und Gegenstand intensiver Forschung.

Beim lokal begrenzten Prostatakarzinom, das heißt, dass der Tumor nur innerhalb der Prostata liegt und nicht über die Prostatakapsel hinaus wächst oder bereits gestreut hat, gibt es laut der aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie mehrere Therapieoptionen, die jeder Patient mit seinem behandelnden Urologen genau besprechen sollte. Das lokal begrenzte Prostatakarzinom kann sehr günstig verlaufen und während der Lebenszeit des Patienten nicht zu Symptomen führen, es kann sich aber auch sehr aggressiv verhalten. Wichtig ist hierbei daher noch die weitere Unterscheidung in Risikogruppen, die das Risiko für einen aggressiven Tumor und somit ungünstige Prognose weiter abschätzen können.

In diesem Beitrag soll das lokal begrenzte Hochrisiko-Prostatakarzinom, das durch Bestrahlung behandelt wird, näher beleuchtet werden. Ein Hochrisiko-Prostatakarzinom ist hierbei durch einen Gleason-Score >8 (der Gleason-Score wird vom Pathologen anhand der feingeweblichen Untersuchung der Biopsieproben je nach Aggressivität der Tumorzellen erstellt) oder einen hohen initialen PSA-Wert >20ng/ml (der PSA-Wert ist der primäre Tumormarker beim Prostatakarzinom).

Eine aktuelle Studie aus den USA hat sich nun mit der Frage befasst, ob bei Patienten mit einem Hochrisiko-Prostatakarzinom, die mit einer externen Strahlentherapie behandelt werden, ein zusätzlicher Strahlentherapie-Boost (also eine extra Strahlendosis in Form einer Brachytherapie mit Platzierung der Strahlenquelle direkt in der Prostata) vorteilhaft für das metastasenfreie und prostatakarzinomspezifische Überleben sein kann. Hierbei wurden Patientengruppen verglichen, die ein besonders aggressives Prostatakarzinom mit einem Gleason-Score von 9 oder 10 hatten. Die Patienten erhielten jeweils entweder eine Operation (radikale Entfernung der Prostata), externe Bestrahlung oder Bestrahlung ergänzt um einen Brachytherapie-Boost. Die Strahlentherapiepatienten erhielten zusätzlich eine Hormontherapie. Die Prostatakarzinom-spezifische Mortalität war für die Gruppe der Strahlentherapiepatienten mit zusätzlichem Brachytherapie-Boost am niedrigsten. Allerdings zeigte eine weitere Analyse, dass ca. die Hälfte der Patienten, die eine alleinige externe Bestrahlung erhielten, eine zu niedrige Gesamtdosis verabreicht bekommen hatte, nämlich nur am unteren Bereich der Standarddosis. Die Ergebnisse der Patienten, die bei der alleinigen externen Bestrahlung eine ausreichend hohe Gesamtdosis erhalten hatten waren mit denen, die einen zusätzlichen Brachytherapie-Boost bekommen hatten, vergleichbar. Daher schlussfolgerten die Forscher, dass es bei der Strahlentherapie auf die Gesamtdosis ankommt und nicht die Form, wie die Bestrahlung verabreicht wird. Insbesondere für ältere Patienten mit entsprechenden weiteren Erkrankungen kann es daher von Vorteil sein, wenn eine alleinige externe Bestrahlung mit intensivierter Dosis ausreichend ist, da eine zusätzliche Brachytherapie immer auch einen invasiven Eingriff mit Notwendigkeit einer Allgemein- oder Rückenmarksanästhesie darstellt. Zudem ist das Nebenwirkungsprofil einer Brachytherapie im Vergleich zur alleinigen externen Bestrahlung etwas ungünstiger, da Studien gezeigt haben, dass die körperliche- sowie Sexualfunktion nach Brachytherapie etwas häufiger eingeschränkt ist.

Bei einem lokal begrenzten Hochrisiko-Prostatakarzinom, das durch externe Bestrahlung behandelt wird, scheint also eine ausreichende Gesamtdosis entscheidend für den Erfolg der Therapie zu sein.

Quellen:

AWMF: Registernummer 043 – 022OL. Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms. www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/043-022OL.html (Zugriff 26.10.2018)

Kishan AU, Cook RR, Ciezki JP, et al.: Radical prostatectomy, external beam radiotherapy, or external beam radiotherapy with brachytherapy boost and disease progression and mortality in patients with gleason score 9–10 prostate cancer. JAMA 2018; 319 (9): 896–905

Vordermark D, Wulf J, Markert K, et al.: 3-D conformal treatment of prostate cancer to 74 Gy vs. high-dose-rate brachytherapy boost: a cross-sectional quality-of-life survey. Acta Oncol 2006; 45 (6): 708–16

Lenzen-Schulte, M.: Hochrisiko-Prostatakarzinom: Wenn bestrahlen, dann intensiv, Dtsch Arztebl 2018; 115(16): A-754 / B-647 / C-646